Die Gattung Fahrradflunder

Die Flunder ist ein bemerkenswerter Fisch – mit ihrem abgeflachten ovalen Körper schwebt sie eigentlich auf der Seite. Sie ist vor allem in den europäischen Meeresgebieten verbreitet und hält sich besonders gern im Brackwasser auf. Tagsüber gräbt sich die Flunder im Sand ein, so dass nur noch die Augen hervorlugen. Eine besondere Flundergattung ist die Fahrradflunder, die nicht im Meer lebt, sondern in europäischen Städten. Erstmals entdeckt wurde die Fahrradflunder in Rotterdam. Von dort hat sie sich in die niederländischen und deutschen Großstädte ausgebreitet. In Braunschweig, Essen, Aachen und vielleicht auch bald Halle schafft die Fahrradflunder Raum für Fahrräder, wo sonst Autos parken.

Fahrradflundern folgen einem einfachen Konzept: Es handelt sich dabei um mobile Abstellplattformen für Fahrräder, welche in ihren Maßen ungefähr denen eines KfZ-Stellplatzes entsprechen. Genutzt wird die Flunder, um zu prüfen, ob an einer bestimmten Stelle der Bedarf an Fahrrad-Stellplätzen besteht. Die Stadt stellt die mobilen Bügel an einer Stelle auf, an welcher sie den Bedarf vermutet oder wo dieser von Anwohnerinnen oder Gewerbetreibenden angezeigt wurde und prüft dann ein- oder zweimal wöchentlich die Auslastung. Nach einem festgelegten Zeitraum erfolgt anhand der erhobenen Daten eine Evaluation, ob eine permanente Installation von Fahrradbügeln sinnvoll ist oder nicht. Die Flunder kann danach an einen anderen Ort versetzt werden. 

Die Fahrradflunder trägt dabei zur Verkehrswende bei, indem sie aufzeigt, wo nachhaltige Mobilität mehr Platz benötigt. Die Stadt Halle (Saale) verfolgt das Ziel, den Fahrradanteil am Modal Split zu erhöhen und damit nachhaltige Mobilität auszubauen. Um dies zu schaffen, braucht der Radverkehr entsprechende Infrastruktur, um für möglichst viele Verkehrsteilnehmende attraktiv zu sein. Dazu gehören auch Abstellmöglichkeiten für Fahrräder, welche kurze Wege ermöglichen, weder Fuß-, Auto- noch Öffentlichen Verkehr behindern und gleichzeitig möglichst diebstahlsicher sind. In der stadtplanerischen Praxis ist es aber oft nicht trivial, geeignete Standorte für neue Fahrradabstellanlagen zu bestimmen. Die feste Installation von Fahrradbügeln ist verglichen mit der Fahrradflunder kostenintensiv und – im Falle geringer Annahme – nur ebenso kostenintensiv reversibel. Daher stellen Fahrradflundern quasi einen „Verkehrsversuch im Kleinen“ dar. Durch ihre Verwendung kann aufgezeigt werden, an welchen Stellen ein echter Bedarf für diese wichtige Infrastruktur besteht. Die Anschaffungskosten einer Fahrradflunder werden mit circa 4.000 Euro, die laufenden Kosten (Standortwechsel, Montage, Reinigung) auf circa 400 Euro pro Quartal beziffert. Für den Nutzen der Konstruktion – nämlich eine unkomplizierte Bedarfsermittlung von Stellplätzen – handelt es sich um verhältnismäßig geringe Kosten, für deren Finanzierung wir die im Haushalt 2024 durch den Stadtratsbeschluss vom 22. November 2023 zusätzlich eingestellten Mitteln für die Fahrradinfrastruktur vorsehen.

Wir beantragen im Stadtrat die Anschaffung von drei Fahrradflundern, mit denen die Verwaltung den Bedarf an Fahrradstellplätzen in der Stadt ermitteln soll. Erste Ideen, wo die Flundern aufgestellt werden könnten: Paracelsusstraße, Goethestraße, überall in der Südlichen Innenstadt. Denn von dort hören wir immer wieder Klagen über fehlende sichere Fahrradabstellmöglichkeiten. Und wie wir wissen, sind Hauswände oder Laternenpfähle keine geeigneten und sicheren Fahrradstellplätze, auch wenn die Stadtverwaltung das so darstellt.

Hier geht es zu unserem Antrag.